Am Donnerstag den 19.10.2023 fand in Düsseldorf vor dem Landtag unter dem Motto „NRW bleibt sozial!“ eine der größten Demonstrationen der letzten Jahre statt. Aufgerufen dazu hatten die Wohlfahrtsverbände unter dem Vorsitz des Paritätischen. Symbolisch um fünf vor zwölf startete die Demo mit rund 25.000 Teilnehmenden aus den verschiedensten sozialen Bereichen.
Die Demonstration fand zeitgleich mit der Sitzung des Haushaltsausschusses des Landtags statt. Genau passend, denn tatsächlich sparen Land und Kommunen derzeit die soziale Infrastruktur kaputt. Inflation und Tarifsteigerungen haben zu massiven Kostensteigerungen bei den Trägern geführt. Gleichzeitig werden die Pauschalen zur Refinanzierung nur zögerlich, wie im Bereich der Kitas, oder gar nicht, dies betrifft vor allem den Bereich der Offenen Ganztagsschulen (OGS), erhöht. Aber auch die geplanten Erhöhungen des Landes reichen noch nicht einmal, um Steigerungen der Personalkosten von mehr als 10 Prozent auszugleichen.

Auch vierzehn pädagogische Mitarbeitende der Villa Kunterbunt haben an der Demo teilgenommen, um die Politik lautstark auf die Missstände hinzuweisen. An diesem Tag gab es nur eine verkürzte Notbetreuung in den beiden Villen. Die Eltern haben die Demo breit unterstützt und ihre Kinder soweit möglich an diesem Tag nicht in die Kita gebracht – auch dies ein wichtiges Zeichen des gemeinsamen Zusammenhalts zwischen Eltern und Mitarbeitenden in schwierigen Zeiten.

Die Politik des Landes ist von der schwarzen Null geprägt, auch und gerade im sozialen Bereich, wofür Verena Schäffer, Fraktionsvorsitzende der Grünen, deutliche Kritik auf der Wiese vor dem Landtag einstecken musste. Jochen Ott, Fraktionsvorsitzender der SPD, rief die regierenden Parteien zu einem gemeinsamen Pakt zur Lösung dieses Problems auf. Aber auch die SPD kann sich von Versäumnissen in der Vergangenheit, gerade im OGS-Bereich, nicht freisprechen.

Tatsächlich ist die Lage brisant. Im März 2024 erfolgt die massive Tariferhöhung für die Mitarbeitenden in Kitas und OGS. Bei nicht ausreichender Gegenfinanzierung wird es zügig zum Sterben der ersten Träger und zu noch mehr Belastungen bei den Kommunen kommen, die finanziell bereits jetzt am Limit sind.

Danach beginnt ein Teufelskreis, denn das Trägersterben wird zu einem massiven Verlust an Betreuungsplätzen in Kitas und OGS führen. Leidtragende sind zunächst die Eltern, traditionell vor allem die Frauen, die ihrer Berufstätigkeit dann nur noch eingeschränkt und in Teilzeit nachgehen können. Wenn die Einkommen nicht mehr reichen, um Hauskredite oder hohe Mieten zu bezahlen, folgen existentielle Probleme. Am Ende fehlen dann auch der Wirtschaft die dringend benötigen Fachkräfte und die Wirtschaftsleistung geht zurück. Die Folgen für die Kinder, die keine ausreichende pädagogische Betreuung und frühkindliche Bildung mehr erhalten, werden noch gravierender sein, denn hier werden wiederum die Fachkräfte für unsere Zukunft aufgrund mangelnder Qualifikationen fehlen.

„Trotz des absehbaren Dominoeffekts verbleibt die Landespolitik bislang bei ihrer politischen Linie, dass mehr nicht drin ist“, so Marc Houben-Redding, geschäftsführender Vorstand der Villa Kunterbunt und zugleich landesweiter Sprecher von über 1.800 Tageseinrichtungen für Kinder, die Mitglied im Paritätischen sind. „Tatsächlich braucht es in Zeiten knapper Kassen einen gesellschaftlichen Dialog, in welchen Bereich investiert werden soll. Für mich stehen hier klar unsere Kinder an erster Stelle. Auch die Forderung der Wohlfahrt nach einer stärkeren Umverteilung der gesellschaftlichen Lasten ist berechtigt. Man kann nicht als CDU-NRW-Ministerpräsident den Bund für die Absenkung bei der Einkommensobergrenze beim Elterngeld kritisieren und zugleich sehenden Auges die soziale Infrastruktur des eigenen Landes vor die Wand fahren. Gerade die (früh-)kindliche Bildung ist eine Aufgabe der Allgemeinheit, mehr noch als Straßenbau“, so Houben-Redding weiter.


Hintergrundinformationen:
Die Kindertagesstätte Villa Kunterbunt gibt es seit über 30 Jahren. Die Villakinder von damals sind mittlerweile selbst als Eltern aktiv. Getragen werden die Kindertagesstätten und Familienzentren von einer Elterninitiative.

Seit dem Jahr 2018 gibt es zwei Standorte der Villa Kunterbunt – in der Bahnhofstraße und in der Sanddornstraße. Beides sind viergruppige Einrichtungen für Kinder von 0-6 Jahren. Aktuell besuchen jeweils 68 Kinder die Einrichtungen, davon auch einige mit einem besonderen Förderbedarf.

Den pädagogischen Kern der Arbeit der Villa Kunterbunt bilden die altersgemischten Gruppen in einem ansonsten offenen, gruppenübergreifenden Konzept. Besonders wichtig ist uns die gute Zusammenarbeit von Erzieherinnen und Eltern, der wertschätzende Umgang miteinander und ein positives Verständnis von Inklusion und Vielfalt.

Wir freuen uns jederzeit über Spenden und können als gemeinnütziger Träger auch Zuwendungsbescheinigungen ausstellen: Villa Kunterbunt IBAN: DE28 3706 9520 1106 680031 bei der VR-Bank Rhein-Sieg.